Samstag, 20. Januar 2018

Der Pflaumenbaum in der Torte

Mit freundlicher Genehmigung durch Rittiner&Gomez, Spiez, CH

Schon lange nicht mehr hatte Milla sich bei der Arbeit so wohl gefühlt wie heute. Hinter sich wusste sie Tarik und hörte zu, wie er dem Katerchen Lieder vorsang und leise Geschichten erzählte. Bis zu ihr her war das wohlige Schnurren der Katze zu hören. Vor ihr breitete sich der gut sortierte Arbeitstisch aus und unter ihren geschickten Händen entstand die Torte wie von selbst. In ihrer Vorstellung sah sie bereits die fertige Torte vor sich, eine Torte, die einen Baum in sich barg und von einer Wolke gekrönt wurde.

Die untere Torte war bald fertig. Auf einem Drehteller platzierte Milla eine Kuchenplatte und begann. Die erste Schicht bildeten aufeinander folgende Lagen dunkler und heller Schokoladencreme, durch die Milla mit einer Nadel feine Striche zog, so dass die beiden Farben einander durchmischten und wie ein verästeltes Wurzelwerk wirkten. In die zweite, helle Cremeschicht arbeitete sie die gezuckerten Erdbeerstücke und die Erdbeermarmelade ein. Dann strich sie die Torte auf ihrer Platte mit dunkler Ganache ein, auch den inneren Ring, und stellte die Torte in den Kühlraum.

Milla bereitete in einer kleinen Springform den hellen Boden für die dritte Torte vor. Während der im Ofen duftend aufging, wandte Milla sich den Böden zu, aus denen sie den Baumstamm formen wollte. Stabil sollten sie sein. Milla wagte ein Experiment. Auch die kleinen Böden, die sie mit Schokoladenbuttercreme füllte, stellte sie jeden auf eine Kuchenplatte. Stellte sie übereinander und arbeitete je fünf Tortensäulen ein. Die mittlere Säule reichte dabei durchgängig von der ersten Platte bis in die Spitze der zweiten Torte. Diese Säulen sollten die zweite Torte tragen und die abschließende kleine Torte, welche die Wolke darstellen sollte. Milla bestrich die Böden für den Stamm mit Ganache und holte aus dem Kühlschrank das zusammengerollte Backpapier mit der erstarrten Kuvertüre. Sorgsam tupfte sie die einzelnen Splitter auf den Rand der Torte, der so bald wie die Borke eines Baumstammes aussah. Beide Torten, übereinander gestellt, überragten die untere Torte um einige Zentimeter. Auch den Stamm gab Milla in die Kühlkammer.

Die mittlere Torte sollte eine Sahnetorte sein. Milla schlug Sahne mit reichlich Gelatine auf und gab die passierten Pflaumen hinzu. Aus dem Keller holte sie ein Glas in die Backstube, in dem sie gehäutete Dörrpflaumen in Rum eingelegt hatte. Die zerkleinerte sie nun und hob sie mit Zimt unter die Pflaumenmus-Sahnemasse. Die Masse wurde allmählich fester und zog an, als Milla sie in zwei Schichten zwischen drei Lagen köstlichen Biskuitbodens untergebracht hatte. Milla bereitete aus weißer Blockschokolade und Sahne eine helle Ganache und strich die Torte damit ein.


Als sie aus der Kühlkammer zurückkam, in die sie auch die zweite Torte gestellt hatte, bemerkte Milla, dass Tarik mittlerweile eingeschlafen war. Auf dem Fußboden, die Katze im Arm. Behutsam hob sie ihn auf und brachte ihn die Stiegen hinauf ins Wohnzimmer. Dort stand ein Sofa aus Plüsch. Ein dunkelgrüner Zweisitzer, so wie Milla es zuerst in einem Kinderbuch gesehen hatte, das ihr Vater ihr immer wieder und wieder zur guten Nacht vorgelesen hatte. Milla bettete den schlafenden Tarik auf das Sofa und kuschelte ihn in eine warme Decke. Der kleine schwarz-weiße Kater strich ihr unterdessen um die Beine und folgte ihr dann zurück in die Backstube.

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